Apherese bei Post-COVID-Syndrom

Es gibt Hinweise, dass eine Apherese-Therapie bei Post-COVID-Syndrom (PCS) eine therapeutisch sinnvolle und effektive Maßnahme ist.

„In summary, the current study provides further evidence that IA is effective in ME/CFS. This result warrants further studies of repeat IA therapy to maintain clinical remission, as shown for other autoimmune diseases“
Tölle et al. J. Clin. Med. 2020

Dahinter steht folgende pathophysiologische Überlegung: Durch die Corona-Infektion wird die Bildung von Auto-Antikörpern gegen Neurotransmitter-Rezeptoren induziert. Durch Apherese werden diese Antikörper eliminiert, die Rezeptoren sind wieder frei für Neurotransmitter, die PCS-Symptome verschwinden.

Eine AWMF-Leitlinie zur Therapie von Long/Post-COVID empfiehlt den Einsatz einer Plasmapherese bei neurologischen Manifestationen (= ME/CFS) mit Autoantikörpernachweis:

15.3 Therapieoptionen
Bei Hinweisen auf eine autoimmune neurologische Manifestation mit Autoantikörpernachweis sollte eine Gabe von intravenösen Immunglobulinen, Kortikoiden oder Plasmapherese erfolgen.

AWMF S1-Leitlinie Long/Post-COVID (Stand 17.8.2022)

Eigene Studiendaten: Quelle / Publikation: DOI 10.1055/a-2445-8593

In der Studie mit insgesamt 20 Patient*innen mit Post-COVID-Syndrom wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit der therapeutischen Apherese untersucht. Alle Teilnehmenden litten unter anhaltenden, teils stark einschränkenden Symptomen nach einer COVID-19-Erkrankung.

Im Verlauf der Behandlung zeigten etwa zwei Drittel der Patientinnen eine subjektive Besserung ihrer Beschwerden, insbesondere bei Symptomen wie Erschöpfung, kognitiven Einschränkungen und Kreislaufproblemen. Eine vollständige Rückbildung der Symptomatik konnte jedoch bei keinem der Teilnehmenden festgestellt werden. Bei rund einem Drittel der Patientinnen blieb die Behandlung ohne nennenswerte klinische Effekte.

Begleitend konnten wir in der Laboranalytik eine signifikante Reduktion pathologischer Parameter beobachten – darunter insbesondere Autoantikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, erhöhte Entzündungswerte sowie Blutfettwerte.

Die Ergebnisse unserer Studie deuten darauf hin, dass die therapeutische Apherese für bestimmte Patient*innen mit Post-COVID-Syndrom einen symptomlindernden Effekt haben kann. Aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl, des fehlenden Kontrollarms und der individuellen Variabilität der Beschwerden sind jedoch weiterführende kontrollierte Studien notwendig, um die Effektivität und die langfristigen Auswirkungen dieser Therapieform zu bewerten.

Aktuelle Studienergebnisse (DOI: 10.1038/s41467-025-57198-7) konnten jedoch keine Effekte zeigen. In der randomisierten, kontrollierten Studie mit 50 Post-COVID-Patient*innen zeigte sich, dass die therapeutische Plasmaaustauschtherapie (TPE) keine signifikanten Unterschiede in der Symptomverbesserung im Vergleich zur Kontrollgruppe aufwies. Die Autoren betonen, dass weitere Forschung erforderlich ist, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Apherese bei Post-COVID zu bewerten.

Welche Verfahren werden im Rahmen der Post-COVID-Apherese eingesetzt

H.E.L.P.:

hat nichts zu tun mit dem englischen Wort für „Hilfe“ sondern setzt sich zusammen aus „Hepariniduzierte Extrakorporale LDL-Cholesterin Präzipitation“. Dieses Verfahren wurde vor vielen Jahrzehnten entwickelt, um LDL-Cholesterin aus dem Blut zu entfernen (daher der Name). 

Beim H.E.L.P.- Verfahren wird im ersten Schritt das Plasma von den übrigen Blutbestandteilen getrennt. Danach werden Heparin und ein Azetatpuffer hinzugefügt, wodurch der pH-Wert des Plasmas sinkt. Hierdurch ändert sich die Oberflächenladung von LDL-Cholesterin, Lp(a) und anderen Stoffen (z. B. Fibrinogen), was zu einer verstärkten Bindung an das eingesetzte Heparin führt.

Neben LDL-Cholesterin werden so auch verschiedene Entzündungsmediatoren (CRP, Zytokine), sowie eventuell vorhandene Virusbestandteile oder Spike Proteine. Antikörper und Autoantikörper werden dabei nicht entfernt. Das überschüssige Heparin wird durch Adsorption eliminiert. Durch Entfernung der Pufferlösung mittels einer Dialyse wird im Anschluss der physiologische pH-Wert wiederhergestellt. Das gereinigte Blut wird dem Patienten danach zurückgegeben.

Im Rahmen der Post-COVID-Apherese wird das H.E.L.P.- Verfahren eingesetzt, um Microclots und Spike Proteine aus dem Blut zu entfernen, da vermutet wird, dass diese beiden Substanzen ursächlich für die PCS-Symptome sein könnten.

Immunadsorption: 

Die Immunadsorption (Abkürzungen: IMAD, IAD, IA) ist ein Therapieverfahren zur Entfernung von Autoantikörpern und Immunkomplexen bei Autoimmunerkrankungen oder antikörpervermittelten Organschädigungen. Die Antikörperelimination erfolgt dabei unselektiv.

Zur Entfernung der pathogenen Substanzen wird zunächst das Plasma abgetrennt und über einen Adsorber geleitet. Im Adsorber kommen Stoffe zum Einsatz, welche eine hohe Bindungseigenschaft zu den Antikörpern aufweisen, die aus dem Blut entfernt werden sollen. Das von Antikörpern und Immunkomplexen gereinigte Plasma wird dem Patienten wieder zurückgeführt. 

LDL-Cholesterin, Lp(a), Fibrinogen und andere Entzündungsmediatoren (Zytokine) werden dabei nicht entfernt.

Therapeutische Apherese (Toxopherese®):

Hier handelt es sich um eine Doppel-Membran-Filtrations-Plasmapherese, die seit über 25 Jahren weltweit eingesetzt wird.

Durch Weiterentwicklung der verwendeten Plasmafilter sind im Laufe der Jahre die Indikationen schrittweise erweitert worden. Nach anfänglicher Trennung des Plasmas von den zellulären Blutbestandteilen wird das Plasma erwärmt und danach durch einen Filter mit einer speziellen Doppelmembran geleitet.

In diesem Doppelmembran-Filter werden Plasmabestandteile wie LDL-Cholesterin, Lp(a), Fibrinogen, Entzündungsmediatoren (Zytokine), Microslots und Spike Proteine, Autoantikörper und Immunkomplexe entfernt. Als willkommener Nebeneffekt werden im Rahmen dieser Doppel-Membran-Filtrations-Plasmapherese auch Gifte (=Toxine) wie Blei oder andere Schwermetalle aus dem Blut eliminiert.

Schlussfolgerung:

Bei allen drei zum Einsatz kommenden Apherese-Verfahren wird im ersten Schritt das Plasma von den zellulären Blutbestandteilen getrennt (= Plasmaseparation).

Das Plasma wird dann mit hochdosiertem Heparin vermischt (= H.E.L.P) oder über einen speziellen Adsorber geleitet (=  Immunadsorption) oder durch einen speziellen Doppel-Membran-Filter gereinigt (= Therapeutische Apherese).